Abstract: Biochemielehrwerke haben uns gelehrt, dass Enzyme sehr spezielle und effiziente Biokatalysatoren sind. Aber diese Eigenschaften gehen oft einher mit einem Mangel an Vielseitigkeit und daher mit einer Unfähigkeit, neue Funktionen zu entwickeln. Eine realistischere Sicht auf viele Enzyme legt nahe, dass sie promiskuitiv sind; d.h. dazu befähigt, sekundäre Reaktionen - als Ergänzung derjenigen, die sie für die Katalyse entwickeln - hervorzubringen. Das zentrale Thema der vorliegenden Forschung ist es, die Rolle der Promiskuität bei der Proteinevolution und bei der Anpassung von Bakterien an neue Umgebungen zu erschließen. In diesem Vortrag wird versucht, die Entwicklung eines proteom-weiten Screenings zu beschreiben, um solche Proteine zu suchen, die das Aufkommen neuer Phänotypen in ungünstigen Umgebungen herbeiführen können. Einzelproteine, die verbessertes Wachstum für die Wirtzelle (Escherichia coli) in 35% von ca. 2,000 Umgebungen gewähren, wurden identifiziert. Die Gesamtergebnisse deuten darauf hin, dass promiskuitive Aktivitäten vorherrschend und entwickelbar sind. Sowohl ihr Vorherrschen als auch ihre Entwickelbarkeit könnten viele verschiedene zellulären Innvationen, einschließlich der Biofilmbildung untermauern. Zweitens wird darüber diskutiert, wie die Biofilmbildung in E.coli mit Hilfe eines Toxin/Antitoxin (TA)-Systems reguliert werden kann, namentlich das MqsR/MqsA-System. Die Ergebnisse unterstürzen die These, dass TA-Systeme an Stressreaktionen beteiligt sind und sich auf die Biofilm-Bildung auswirken. Meine Erfahrung auf dem Gebiet der Proteinevolution und der mikrobiellen Stressreaktionen bildet die Grundlage der zukünftigen Erforschung der adaptiven Evolution von Bakterien.